Berlin 04 – Labyrinthe
08. September 2015
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Ich versinke in den Sammlungen und Museen.
Für die Geschichte, an der ich nun intensiv arbeite, ist es ja nötig, in verschiedenen Rollen zu agieren. Ich arbeite also jeweils als andere Person und springe durch die Zeit.
Hier ein Auszug aus dem Lebensbericht von Seráafia, Nachfolgerin 12 aus dem Jahr 2470
Die Wunderkammer Olbricht blieb uns vollständig erhalten. Zwar musste das Gebäude vor dreißig Jahren erneuert werden, aber es soll dem vorigen sehr genau nachempfunden sein. Nur die Technik wurde modernisiert. Die endlosen eisigen Stürme, ihr Heulen. Draußen.
Doch hier ist ein Ort der Ruhe. Zeitlosigkeit.
Sehen. Verweilen. Zeichnen.
Ein Erahnen der Alten Zeit.
Neues Museum, Ägyptische Sammlung
Sofort erinnere ich mich wieder an den Tempel von Luxor. Als ich damals davor stand, als ich völlig überrascht feststellte, dass noch viele Wandmalereien erhalten sind. Die strahlten in der Wüstensonne. Der Wunsch, sofort ins Flugzeug zu steigen. Noch einmal den Nil entlang fahren mit einem Boot, durch die biblische Landschaft, Wüste im Hintergrund, entlang des Ufers sattes Grün, Leben und badende Kinder und Wasserbüffel. Bis heute tut es mir leid, dass wir damals nicht bis Kairo weiter fuhren.
In der ägyptischen Sammlung in Berlin gibt es viel zu tun für mich. Viele Stücke möchte ich zeichnen. Auch die Sammlung Schliemann. Las gestern seine Biografie. Ein erstaunlicher Mann. Er schrieb tausende Briefe in Englisch, Französisch, Italienisch, seine Tagebücher in jeweils jener Sprache, die er gerade üben wollte – Altgriechisch, Arabisch…
Ich stellte mir heute das endlose Gewirr und Gewisper an Sprachen in seinem Inneren vor.
Das Botanische Museum war eine Enttäuschung für mich. Weder bekommt man Einblick in das weltberühmte Herbarium, noch sieht man die alten Aufzeichnungen der Forscher. Schön sind jedoch einige kleine Dioramen aus den 60iger Jahren. Auch die Gewächshäuser und das Tropenhaus vermitteln im Innenraum wenig Stimmung. Alles ist für meinen Geschmack zu schulisch aufgebaut.
Aber der Botanische Garten ist sehr schön. Ich hatte auch gutes Wetter. Aber für meine Geschichte brauche ich im Moment Indoor-Paradiese. Das ist nicht der richtige Ort für mich.
Gelungen sind die Müllinseln des Botanischen Gartens Berlin.
Ich fuhr die gesamte Strecke von Treptow-Park bis hierher nach Dahlem mit dem Rad. Ein Sportstag sozusagen. Es gibt hier noch viele Schrebergarten-Siedlungen. Sie heißen „Einsamkeit“ oder sind nach Blumen benannt. Ein Stück weit fuhr ich den Berliner-Mauerweg, ein schönes Stück Wildnis zieht sich hier mitten durch die Stadt.
Und ich sah viele neu gebaute Siedlungen, recht schön angelegt, aber an der Zahl der Autos kann man ermessen, wie doch bereits abgelegen sie sind. Aber die Kinder und Hunde haben es hier schön. Überhaupt wird auf alle Rücksicht genommen. Man darf mit dem Rad überall fahren. Kinder spielen in den Seitengassen, in den Höfen, Hunde laufen in ruhigen Gegenden und Parks, an der Seite ihrer Besitzer zwar, aber doch ohne Leine. Und die Hunde können das hier auch, sie benehmen sich wunderbar.
Diese Mischung aus liebenswerter Anarchie und Gelassenheit hier in Berlin ist einzigartig. Fühlt sich gut an.