Berlin 09 – Flotte Biene und andere Tiere
24. September 2015
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Ich verwende zum Zeichnen ausschließlich Minenbleistifte. Das hat sich auf Reisen bewährt, weil die Minen aller Bleistifte beim Herumtragen bald brechen. Was bei Minenbleistiften egal ist, da kann man selbst die kleinen Bruchstücke noch gut verwenden. Vorausgesetzt natürlich, man hat einen geeigneten Spitzer. Und diese gehen sehr schnell kaputt. Abgeschabt. Nach etwa zehn Arbeitstagen.
Nun habe ich bereits seit zwei Wochen improvisiert, weil mein Geschäft daheim, kurz vor der Abreise, gerade einen Lieferengpass hatte. Heute reichte es mir, ein Künstlerbedarf musste her. Denn in gängigen Schreibwarengeschäften führen sie so etwas nicht. Künstlerbedarf-Shops gibt es erstaunlich wenige in Berlin, wenn man die schier unüberschaubare Menge der Künstler und Künstlerinnen vor Ort bedenkt. Aber vielleicht bestellen die alles per Internet, dachte ich mir.
Die erste recherchierte Adresse – eines mir als geeignet erschienenen Geschäfts – entpuppte sich als Großhandel. Aber sie waren nett, und sie sagten mir ein anderes in relativer Nähe an. Die Flotte Biene (das Geschäft heißt tatsächlich so!) hatte dann endlich den gewünschten Spitzer. So ein kleines Utensil, so etwas Banales möchte man meinen, hat heute meinen Tag gerettet.
Schwungvoll zog ich weiter zum Zoologischen Garten. Landete aber erst auf der falschen Seite und musste ihn also umkreisen. Nachdem ich gestern wegen Kreuzschmerzen noch kaum gehfähig war, ein weiter Weg. Endlich kam ich an, wartete brav in der Schlange und eroberte mir Zutritt. Ich mag Tierparks, trotzdem die Tiere ja eingesperrt sind, aber ihr Anblick erfreut mich jedes Mal. Hier in Berlin sind die Gehege meist recht klein, und heute bestätigte sich noch einmal, was ich schon länger vermutete:
Wir Österreicher sind einfach die besseren Kitscher.
Stimmungen inszenieren können wir einfach besser.
Mit einem Vogel habe ich mich aber heute gut unterhalten.
Mehrere Minuten lang. Das war schön.
Sehnsüchtig sah er den Menschen nach, als sie die Voliere wieder verließen.
Und auch der Bär, der das größte und schönste Gehege hat, wollte unbedingt zu seinen Nachbarn, den Wölfen, hinüber. Er stand am Abgrund eines angelegten Felsens, tief unten ein Wassergraben, und er überlegte lange, und dann auf und ab gehend, wie er zu den Wölfen übersetzen könnte.
Neben mir ein paar junge Leute, die nach längerem Beratschlagen zu dem Schluss kamen: Aber der Bär wirkt sehr relaxed.
Ich arbeitete heute wieder an meiner Romanfigur Seráafia. Sie spielt ja in einer Zukunft, in der man sich nicht mehr im Freien aufhalten kann.
Sie träumt von der freien Natur. Sie sehnt sich danach.
Heute musste ich meine Rolle nicht spielen.